Wir Johann von Gottes Gnaden Landgraff zu Hessen Graff zu Catzen Ellenbogen, Dietz, Ziegenhäin undt nidda, thun hiermit Kundt undt zu wissen, das wir das Fahr zu Flörsheim am Mäin, wie uns solches mit allen seinen Herrlichkeithen undt Freyheiten von alters zuständig ist, auff neun Jahr Lang verliehen haben Philipus Ruperten zu Flörsheim und seinen Erben umb undt vor 9 gulden, den gulden zu 25 alb, jährlich in unser Kellerey Epstäin auf Martini, sonder aller behelff ahn guter Reychs müntz zu entrichten und zu bezahlen.
Verleyen auch hirmit und in Crafft dieses brieffes solch fahr dergestalt, das Er es soll ufrichtig halten mit allem fleiß, mit guter schieffung undt Bereithschaft vorgehen, also das Namiglich zu seiner nothnafft das Jahr zu gebrauchen, wie das von Alters undt allzeit her gebrauch ist, niemandt durch seine fahrläsigkeit und Unfleiß ufhalten noch verhindern sondern zum allerforderlichsten den Leudten verhelffen undt sie überfuhren, undt da solches von ihm nicht beschehe, undt Clage derohalben vor uns oder unsere Beambte Kommen würde, solle Er uns in straff verfallen sein, auch ist in dieser fahrlichKeit vorbehalten, das er alles was uns ahngehörig ig ist, Es seie mann, Pfehrt, geschirr, nichts ausgeschieden, frey undt Ledig ohn Einige vergeldnis Bezahlung oder belohnung uberzufuhren schuldig sein soll:
Was aber uns nicht zuständig, doch niemandts Nichts ubermässiges abfordere oder abnehme, sondern zu dem rechtmässigen Lohn und ordnung halte, in sonderheit aber niehmandt :außerhalb uns als dieses fahrs Obrigkeit, undt unser ahngehörige diener: das seie auch was Es wolle, das fahrgeldt befreye oder ihme Einige UberLieferung ohne Lohn aufbringen Lasssen, also dem fahr nichts Entziehe noch nimmerunge zu unserem nachtheil aufkommen Lasse, sondern das selbe fahr bey aller hergebrachter Freyheit undt Herrlichkeit, handthabe undt schetze undt was derohalben yederzeit vor fehler ahnzeigen Hülff undt recht bey uns suchen, soll in von unseren Beampten der Herrschafft Epstäin schutz und Beystandt unsert wegen geleistet werden ohn alle gefehrte
in Urkundt dessen allen wie obstehet, haben wir diesen Brieff underschrieben und unser Kurfrstl. secret darauf trucken Lassen.
Geschehen zu braubach den 1. January Anno 1650
Diese Dokument ist eine Abschrift der Bestandsurkunde auf einem losen Blatt (Pfarrarchiv Kasten 258) des nicht mehr existierenden Gerichtsbuches GB 1636-1664 VNS, siehe hier. Die Schrift ist die des Gerichtschreibers Johannes Hoffmann.
Was in den zu dieser Zeit üblichen Formulierungen aufgeschrieben ist, lässt sich so zusammenfassen:
- Johann, der Landgraf zu Hessen usw., verleiht Philipp Ruppert aus Flörsheim und seinen Erben den Bestand an der Flörsheimer Fähre, wie es von alters her sein Recht ist (seit 1492), für 9 Jahre zu 9 fl jährlich. Das Bestandsgeld ist auf Martini (11. November) in der Kellerei Eppstein zu bezahlen.
- er soll den Fährbetrieb mit guten Nachen aufrichtig führen, die Leute übersetzen, und sie nicht durch Fahrlässigkeit oder Unfleiß behindern
- wenn es Beschwerden gibt, kann er bestraft werden
- alles, was zur Landgrafschaft gehört, Leute, Pferde, Wagen, muss ohne Bezahlung befördert werden
- er soll keine überhöhten, sondern nur die rechtmäßigen Fährgebühren verlangen aber auch niemanden kostenlos befördern außer die Obrigkeit dieses Fahrs und deren Diener
- bei Verfehlungen finden die Betroffenen Beistand bei den Beamten der Herrschaft Eppstein
Braubach, den 1. Januar 1650
Der Unterzeichnende war der Landgraf Johann zu Hessen-Braubach (1609-1651), einer der Söhne von Landgraf Ludwig V. von Hessen-Darmstadt. In einem Teilungsabkommen mit seinen Brüdern 1643 wurden ihm die Besitzungen Eppstein (mit dem Flörsheimer Fahr), Katzenelnbogen und Braubach zugesprochen.
Philipp Ruppert (etwa 1620-1690) verkaufte 1656 seinen Hof Nr. 89 gegenüber dem Oberturm mitsamt dem Fährbetrieb an Hans Kohl und erwarb die Hofreite Nr. 82 (Plan A). Er wird 1671 und 1679 als Unterschultheiß genannt. Er hatte mit seiner zweiten Frau Margaretha Brehm 10 Kinder, von denen 5 das Erwachsenenalter erreichten.
Der Hof von Philipp Ruppert 1656 in der Bildmitte unten, aus dem 3d-Modell
Braubach mit der Marksburg, Mathäus Merian 1655
Landgraf Johann zu Hessen-Braubach (1609-1651)
Gemälde eines unbekannten Künstlers auf der Marksburg, Foto: RichHein
Bestandsbrief zur Flörsheimer Mainfähre 1650 (Abschrift)
Pfarrarchiv St. Gallus, Flörsheim