Anno 1704, den 5. Juni
Erschien Vor Einem Ehrsamen gericht der bescheitene Jud Heyam, schutz Judt alhier, Zeigt ahn, wie er Von dem Ehrsamen Meister Velten Anschützen Undt dessen Hausfrauen Anna barbara Erkaufft habe Ein Haus Und Hoff im 2ten Vürtel gelegen, beforcht Unden Christian Cremer, oben Ein gemein gässlein Vor Undt Umb fünff hundert gulden bahres gelt, so er Kaüffer bey dem wein Kauff gleich beZahlt habe mit Nachfolgenten bedingungen:
weillen das obgemelte anschützen Hoffreith ZuVor Von der grossen gassen ahn büs ahn die Main Mauer seine lenge gehabt, selber aber durch diesen Kauff  EntZwey gebrochen, so kauffender Jud das Vordertheil, nehmlich das Haus sambt dem forder Hoff, das grosse Und kleine thor , Vorn ahn der gaassen, alles was in dem Haus ahngenagelt Und ahngelaidet ist, hinden ahn dem Haus hat er Heyum 1,5 schug gübel Recht, sollte die hinderste Hoffreith gegen ein Juden Eigenbau führen, stelt er den gübel, soll er auff 1,5 schug weichen, stelt er den Dach Drauff, muss er 2,5 schug Zurück auff seinen blatz stellen, Zusammen beyderseits 4 schug.

Ist auch ausdrücklich ausgedunge Und Verwülliget worden, dass alle das gewässer Es mag Nahmen haben wie Es wolle, so Von des Jud Heyam Haus Und hatt durch die hinderste Hoffreith lauffen wirde ohn Einiger wüderredt ihren Verwehr freyen Durchgang haben solle.
Vermög beyterseits in händen habenten Kauffbrauchs, der guss in der Küchen oder wasserstein solle in das gemein gässlein seinen ausgang haben.

Weillen wir die gemeindt alhier die hohe Gnad ,Von Unserer gnädigen herrschafft Vor Vüellen Jahren hero Erhalten, dass niemahlen mehr Kein Jud in Ein Kristen Haus noch Hoff solle Eingewehrt werden, so hatt doch ahn Uns Schultheissen Undt gerichten, Vil gemelter Jud Heyam noch Volgende befehl Uns Zugestelt, welchen wir aus Underthänigem gehorsam nit absein wollen Und laut wie Volgt:

Vermach mit gnädiger Verwülligung seiner Hochw. Und gnaden herren Dhombdechandt alhier:auff Underthäniges bütten Heyam schutz ...  Jud Zu florsheimb Von Johan Velten anschützen Ein Haus Und Hoff alles im Zweyten Virtl Einseits Neben Christian Cremer, anderseits Ein gemein gaassen gelegen Erkaufft, dasselbe auch wircklich bezahlt, so ist der herrschafftlich gnädige befehl. dass sothanes Zwischen Velten Anschütz und Heyam Vorgänger Zesper: Kauff und Verkauff der gerichts pratical gerichtlicher ordnung nach, umb die gebihr Eingeschrieben worden Montag den 3.Juni 1704.

Ex Mandato: Johann Baptista Culman:

So haben wir schultheiss Und gericht gem. Heyam Juden in gegen Wardt des Verkaüffers Sohn Johan Oswalt Und dessen Mutter Anna barbara die Einwehrung gethan.

 

Der Jude Heyam (Hayum) kauft von Velten Anschütz für 500 fl eine Hofreite. Heyam wird als “bescheiden”, Velten Anschütz als “ehrsam” bezeichnet

Velten Anschütz kam aus Franken nach Flörsheim und heiratete 1669 Anna Barbara, eine Tochter von Johannes Eckert. Er war Fassbindermeister und Bierbrauer. 1673 kaufte er von seinem Schwiegervater die Hofreite Nr. 19 im zweiten Viertel am Main, erwarb später die Nr. 1 an der Untergasse dazu und machte eine große Hofreite daraus (Plan A). 1685 übernahm er von seinem Schwiegervater die Nr. 99, das spätere Gasthaus “Zum Hirsch”. Sein Sohn, Oswald Anschütz, war der erste Hirschwirt.

Velten Anschütz hatte sein Anwesen (Von der grossen gassen ahn büs ahn die Main Mauer) geteilt, Heyam kaufte den Teil an der Untergasse mit Haus, Vorderhof und das große und das kleine Tor.
Die Traufrechte wurden geregelt: Falls auf dem mainseitigen Teil ein Haus gebaut wird, muss eine Giebelseite 1,5 Schuh und ein Dachtrauf 2,5 Schuh Abstand zur Grundstücksgrenze von Heyam halten. Offenbar hatte das Wohnhaus von Johannes Eckert auf der Nr. 19 bereits 1704 nicht mehr existiert. Deshalb waren auch keine Verabredungen von Duchfahrtsrechten notwendig. 
Abwasserregeln wurden vereinbart: Alle G
ewässer
  von Heyams Haus, Es mag Nahmen haben wie Es wolle, müssen freien Durchlauf zum Main haben mit Ausnahme des Abwassers der Küche und vom Wasserstein, das in die Gemeindegasse geleitet werden muss, siehe auch hier.

Der Gerichtschreiber verweist auf eine Anordnung des Domkapitels von vor vielen Jahren, dass niemahlen mehr Kein Jud in Ein Kristen Haus noch Hoff solle Eingewehrt werden.
Wenn man die Bemerkung wörtlich nimmt, bedeutete dies, dass das Domkapitel untersagt hat, Juden den rechtmäßigen Erwerb von Hofreiten von Christen zu ermöglichen.
Die gängige Praxis war allerdings anders: Im 17. Jhdt. und offenbar auch noch 1704 war es für Juden kein Problem, Hofreiten zu erwerben. Sie brauchten allerdings hierzu die Genehmigung des Domkapitels.
Die Anordnung lässt sich nur dahin gehend interpretieren, das das Domkapitel dem Flörsheimer Gericht (und wahrscheinlich auch anderen seines Gebietes) die eigenmächtige Einwehrung von Juden untersagt hat. Das behielt das Domkapitel sich offensichtlich selbst vor, um die Niederlassung von Juden zu kontrollieren.
Dass allerdings ein rechtmäßiger Abtrieb nach dem Solmser Landrecht über eine Genehmigung des Domkapitels ging, zeigt das Beispiel hier.  

Ein bemerkenswerter GB-Eintrag von 1704