Auch nach dem Kauf Flörsheims durch das Mainzer Domkapitel 1270 hatten neben dem Domkapitel verschiedene Klöster Grundbesitz in Flörsheim. 1656 machte der Grundbesitz von Domkapitel und Klöstern 47% der Gemarkungsfläche Flörsheims von ca. 1000 ha und 67 % der Ackerfläche von etwa 700 ha aus.
Größter Grundherr und Gerichtsherr in Flörsheim war das Mainzer Domkapitel, Zehntherr war das Liebfrauenstift (St. Maria ad gradus), das den Zehnten in der Regel verpachtete.
Zu den Klöstern mit Grundbesitz in Flörsheim neben dem Liebfrauenstift zählten 1656 das Clarenkloster in Mainz, das Kloster Eberbach bei Erbach im Rheingau, das Karthäuserkloster auf dem St. Michaelsberg in Mainz, das Dominikanerkloster in Frankfurt, das Weißfrauenkloster in Mainz und das Dominikanerkloster in Mainz.
Zur Verwaltung und Bewirtschaftung ihrer Güter besaßen Domkapitel und die eben genannten Klöster Wirtschaftshöfe in Flörsheim, allerdings nicht durchgängig zu allen Zeiten.
In GB 1447-1613 G/N finden sich die folgenden Hinweise auf Wirtschaftshöfe:
1451 eyne hoffstad lygeth by dem clarenhoff
1454 eyn husz gein den Carthuszern hoff (und in späteren Jahren)
1469 eyn hoffstait gelegen neben den hern von erbach
1470 eyn husz neben der claren hoffreyd
1471 husz und hoff gelegen in der domhern hoiffreyde
Der Wirtschaftshof des Liebfrauenstifts war der Pfarrhof mit Wirtschaftsgebäuden und Zehntscheune, siehe hier. Der Grundbesitz des Liebfrauenstiftes war das Kirchen- und Pfarrgelände im Dorf und das Pfarrgut, 50 Morgen Äcker und 4 Morgen Weingärten, die spätestens ab 1545 verpachtet waren,siehe hier.
Der Wirtschaftshof des Weißfrauenklosters war die untere Nr. 7 in Plan A. 1658 war er im Besitz von Velten Simon, der ihn in diesem Jahr an den Kalkbrenner Peter Engers für 36 fl verkaufte.
Der Wirtschaftshof des Clarenklosters wurde 1459 an den Flörsheimer Peter Friel und Mitpächter in Erbpacht gegeben, siehe hier. Er lag in der Flur “Eich” an der Gemarkungsgrenze zu Eddersheim, wo das Kloster erheblichen Grundbesitz hatte. 1451 und 1470 gab es offenbar auch einen Clarenhoff innerhalb des Dorfes, dessen Lage nicht bekannt ist. Das Clarenkloster hatte bereits 1297 Grundbesitz in Flörsheim, siehe hier
Der Wirtschaftshof des Klosters Eberbach wurde 1452 an Peter Winter, Cles Mülich und Gerhard, Gerhard´s Sohn in Erbpacht gegeben. Seine Lage ist unbekannt.
Der Wirtschaftshof der Dominikaner von Mainz war die Nr. 2 in Plan A, den 1656 Velten Kremer mit samt ihren 38 Morgen Äcker und 5 Morgen Weingärten in Erbpacht hatte. 1671 erwarb Kilian Bohrman ihren gesamten Besitz in Flörsheim.
Das Domkapitel hatte zwei Wirtschaftshöfe in Flörsheim. 1454 waren sie bereits an Flörsheimer Einwohner verpachtet, siehe hier. Sie werden als in der Flörsheimer margk liegend bezeichnet und lagen wahrscheinlich außerhalb des Dorfes (Domherrengewann, Beune?). Ein Hofmann wird schon 1370 erwähnt.
Die Dominikaner von Frankfurt, in den Flörsheimer Gerichtsbüchern die „Prediger Herren von Frankfurt“ genannt, besaßen 1656 in Flörsheim zwei Höfe als Außenstellen ihres Klosters in Frankfurt, dessen Bau auf das Jahr 1238 zurückgeht. Es waren die beiden Hofreiten Nr. 83 in Plan A. Die untere, “auf der Mainmauer” erwarben sie 1651 von den Erben eines Frankfurter Bürgers namens Schober. Der Kauf der oberen muss zwischen 1613 und 1645 erfolgt sein.
1656 zählte zu ihrem Besitz auch die Obermühle, die sie 1645 von Peter Hain für 900 fl erworben hatten; 1670 verkauften sie die Mühle an Anton Hambach aus Hofheim für 750 fl.
1660 übernahmen sie von Vian Thuan dessen gesamten Besitz inkl. der Hofreite Nr. 26 neben dem Pfarrhof für 4.080 fl, die zu ihrem neuen Wirtschaftshof wurde (rechts). Vian Thuan hatte zu dieser Zeit den größten Landbesitz in Flörsheim mit 147 Morgen. Damit war ihr Grundbesitz auf etwa 250 Morgen angewachsen vergleichbar dem der Karthäuser.
Nach 1656 war die untere Nr. 83 für wenige Jahre im Besitz der Antoniter von Höchst, die ihn 1684 an Hans Kohl verkauften, dessen Erben die Hofreite noch 1691 gehörte.
Die 91 Morgen Äcker und 9 Morgen Weinberge (1656) der Prediger Herren von Frankfurt waren nicht verpachtet, sie bewirtschaften sie in Eigenregie. Anders als die Karthäuser kamen sie ihren Verpflichtungen gegenüber der Gemeinde nach. Von diesbezüglichen Streitigkeiten mit der Gemeinde wird nichts berichtet. 1687 stellten sie einen Flurschützen.
Ab der Mitte des 15. Jhdts. waren mit Ausnahme der Güter der Dominikaner von Frankfurt die Ländereien und die Wirtschaftshöfe der Klöster und des Domkapitels an Flörsheimer Einwohner verpachtet, siehe hier. Ihre alte Bezeichnung ging danach verloren, so dass es teilweise schwer ist, ihre Lage festzustellen. 1656 gab es in Flörsheim an klösterlichen Wirtschaftshöfen noch die beiden der Frankfurter Dominikaner und den Karthäuserhof.
Der Karthäuserhof in Flörsheim war zwar ebenfalls die meiste Zeit verpachtet, behielt aber seinen Namen bei.
Das Kloster des Karthäuserordens auf dem St. Michaelsberg in Mainz gegenüber der Mainmündung (rechts) wurde um 1325 gegründet und vom Mainzer Erzbischof mit umfangreichen Gründungsschenkungen bedacht, u. a. mit einem Teil des großen Zehnten (Fruchtzehnt, Abgaben auf Getreide) in Wicker und Weilbach. Der Besitz der Karthäuser vermehrte sich sukzessive durch Schenkungen und Käufe, so auch in der Flörsheimer Gemarkung.
1352 vermachte der Kantor des St. Victorstiftes in Weisenau den Karthäusern alle seine Güter in Flörsheim, insgesamt etwa 45 Morgen Land [Simmert 1958].
1357 verpachteten die Karthäuser 16 Morgen Äcker an Götz von Flörsheim (HHStAW 6/17)
1370 hatten die Karthäuser den Hof und die Güter des Ritters Wilhelm von Scharfenstein (Burg Scharfenstein bei Kiedrich/Rg.) in Flörsheim gekauft (HHStAW 104/20). Die Vermutung liegt nahe, dass dieser Hof zum ersten Wirtschaftshof der Karthäuser in Flörsheim wurde (A in Plan A).
1388 gaben die Karthäuser den Flörsheimer Einwohnern Herte Winter, Henne von Schweinheim und Heyl Steydel je zwei Morgen Land (Äcker und Weingärten) gegen eine jährliche Zahlung von 18 ß in Bestand (HHStAW 104/25). Es ist ein Grundzinsvertrag, er gilt aber interessanterweise erblich und ewiclich.
1402 verkaufte Dyne, die Witwe des Mainzer Bürgers Peter Rosendal, der Karthause ihr Gut und ihre Äcker in Flörsheim (HHStAW 104 U26).
1404 war Herte Winter Beständer des Karthäuser Hofes und von 8 Huben Äcker, die unterverpachtet waren. Die Karthäuser erwarteten 80 Malter Roggen als Pacht, die Winter aber als verantwortlicher Beständer zu dieser Zeit nicht liefern konnte, er hat das jarziel uszgesesze. Die Karthäuser nahmen als Kompensation den gesamten Viehbestand und alle Ackergeräte in Zahlung; Winter durfte aber auf dem Hof bleiben, Einzelheiten siehe unter HHStAW 104/27.
1410 kauften sich die Karthäuser von Arbeiten zum Erhalt der Dorfumfriedung gegen eine Geldsumme frei (HHStAW 104/28).
1451 gaben die Karthäuser ihre 8 Huben Äcker an 8 Flörsheimer Hübner zeitlich unbegrenzt in Erbpacht. Die Pacht betrug 11 Malter Roggen pro Hube. Ihr Wirtschaftshof und ihre 8 Morgen Weingärten waren von der Pacht ausgenommen. Den Pachtvertrag mit Erläuterungen kann man hier finden.
1668 gab es Streit zwischen den Flörsheimer Schrötern, die den Transport der Fässer zu den Schiffen zu bewerkstelligen hatten, und den Karthäusern über die Höhe der zu zahlenden Schröterlöhne Der Flörsheimer Schröterordnung nach hatten die Schröter für ein Ohm Wein auf- und abzuschroten Anspruch auf jeweils 10 h. Die Karthäuser wollten zukünftig aber nur noch 9 h bezahlen. Der Gemeinderat bestand auf der alten Schröterordnung und verlangte auch in Zukunft 10 h pro Ohm und Schrotvorgang. Die Schröterordnung wurde den Karthäusern formal zugestellt.
1675 bestanden die Karthäuser auf einer „Neufeststellung“ ihrer Weinberge in Flörsheim (HHStAW 104/133). Von den 8 Morgen die vorhanden sein müssten, fehlen 1,5 Morgen, die
--- in gefährlichen Zeiten und langwirigen Kriegswesen in solchen abgang gerathen, das man Zur Zeit derer keine gewisse nachricht mehr erhalten kann ---
Da 1,5 Morgen Wingert selbst in Kriegszeiten nicht einfach spurlos verschwinden können, kann man den Verdacht haben, dass die Kriegswirren ausgenutzt wurden, um Grenzsteine zu versetzen, was auch außerhalb von Kriegszeiten vorkam, siehe hier. Das Gericht musste den Karthäusern die fehlenden Weinberge ersetzen.
1680 ließ das Gericht den Karthäusern eine Kopie der Flörsheimer Schützenordnung zukommen; vermutlich war auch hier der Hintergrund die Weigerung der Karthäuser, turnusmäßig einen Feld- und Weinbergschützen zu stellen, wozu jede Flörsheimer Hofreite verpflichtet war.
1682 waren die Karthäuser in ein Verfahren wegen illegaler Grenzsteinsetzung verwickelt, siehe hier.
Der Rekonstruktion zufolge lag 1656 das Hauptgebäude im Karthäuserhof an der Untergasse und die Scheune an der Obergasse (Plan A), ein Modell des Karthäuserhofes 1656 kann man hier finden.
1733 erfolgte eine Erweiterung und ein Neubau/Umbau, nachdem die Karthäuser schon 1712 die zwei westlich benachbarten Hofreiten erworben hatten. Das Kelterhaus wurde direkt an das neue Hauptgebäude angebaut, rechts und in Plan E. Zu dieser Zeit entstand auch die Hauskapelle.
Während des Österreichischen Erbfolgekrieges lagen 1743/44 nach der Schlacht von Dettingen einige Hundert verwundete Hannoveraner im Karthäuser Hof, Einzelheiten hier.
1765 wurde von den Karthäusern die Flörsheimer Fayencefabrik gegründet und in Betrieb genommen. Kapitalgeber und verschiedene Direktoren spielten zwar eine Rolle, aber das Sagen hatten bis 1781 die Karthäuser. Zu einem Plan der Fayencefabrik siehe hier.
Das Karthäuserkloster in Mainz wurde 1781 zusammen mit den Nonnenklöstern Neumünster und St. Clara vom Mainzer Kurfürsten Friedrich Karl Joseph von Erthal mit Zustimmung von Kaiser und Papst aufgelöst, um angeblich die Mainzer Universität besser zu dotieren. Der Wirtschaftshof der Karthäuser in Flörsheim kam zusammen mit ihren Ländereien 1781 in den Besitz der Mainzer Universität und später in Privatbesitz.
Der Mainzer Kurfürst kaufte 1788 Gebäude und Gelände des früheren Klosters in Mainz für 83.000 fl der Universität ab. Er ließ Kirche und Kreuzgang niederlegen und fügte die freigewordenen Flächen dem Garten seines Schlosses Favorite hinzu. Dieses wurde 1793 zusammen mit den restlichen Gebäuden der Karthause bei der Belagerung und Beschießung vom Mainz vollständig zerstört. Heute sind keine oberirdischen Reste der Mainzer Karthause mehr vorhanden.
1803 entstand ein Grundrissplan des “Universitätshofes” in Flörsheim (rechts und Plan E). Auch 1803 wurde noch unterschieden zwischen Pacht und Zehntscheune. Die Karthäuser waren in Flörsheim nicht zehntberechtigt, wohl aber in Wicker und Weilbach. Die Pachtscheune diente zur Lagerung der Naturalienpacht aus ihren Flörsheimer Äckern, die Zehntscheune als Lager für den Wickerer und Weilbacher Zehnten.
Seit 1853 ist der Karthäuser Hof im Besitz der Familie Hartmann ausgehend von Jakob Hartmann und seinem Sohn Josef, die die Gaststätte “Karthäuser Hof” eröffneten und auch eine Brauerei und eine Kelterei betrieben. Zur Lagerung von Eis und Bier diente der Felsenkeller.
Heute ist der Karthäuser Hof in Flörsheim im Besitz von Hans Hartmann, der ein Hotel- und Gaststättenbetrieb führt. Er hat Mitgliedern des HAF 2018 ermöglicht, unter seiner Führung Gelände, Gebäude und Keller des Hofes zu erkunden. Zu dem Zeitpunkt waren umfangreiche Renovierungsarbeiten im gange. Die dabei entstanden Aufnahmen kann man hier finden .
Grundbesitz von Domkapitel und Klöstern 1656 Die Werte wurden anhand der Flächenangaben zu einzelnen Äckern, Weinbergen, Wiesen etc. im Stockbuch ermittelt.
Karthäuserhof 1803, Plan E
HHStAW 3011/3662H
Der Karthäuserhof in Flörsheim, hinter dem Balkon ist die Hauskapelle Aufnahme 2009
Ehemaliger Wirtschaftshof der Dominikaner von Frankfurt in Flörsheim, Untermainstraße Aufnahme 2009
Siegel des Mainzer Domkapitels 1529
In der zugehörigen Urkunde verkauft die Gemeinde Flörsheim (Schultheiß Hans Strauss) mit Einwilligung des Mainzer Domkapitels dem Liebfrauenstift in Mainz für 300 fl eine wiederlösliche Rente von 12 fl auf all ihr Gut und Einkommen. HHStAW 104/72
Siegel des Mainzer Liebfrauenstifts 1454
In der zugehörigen Urkunde beurkunden Flörsheimer Bürger, vom Domkapitel (Präsens) zwei Höfe nebst dazugehörigen Ländereien in der Gemarkung Flörsheim gegen näher bezeichnete Verpflichtungen in Pacht übernommen zu haben und verbürgen sich für diese Verpflichtungen mit ihren Liegenschaften. HHStAW 104/43
Dominikanerkreuz
Kloster Eberbach bei Erbach, Mathäus Merian, Topographia Archiepiscopatuum Moguntinensis, 1646
Konventssiegels des Klosters Eberbach, das von 1332 bis 1803 benutzt wurde, Abbildung von hier
Die Karthause auf dem St. Michaelsberg in Mainz gegenüber der Mainmündung Stich von M. Merian 1633 Archiv des IGL (Institut für Geschichtliche Landesforschung, Mainz)
Die Statue des Hl. Bruno, des Gründers des Karthäuserordens, stand früher auf dem Eingangstorbogen in der Untermainstraße Aufnahmen 2018
Der Karthäuserhof während der Sanierung um 1975
aus 40 Jahre Planen für Flörsheim
Ein Modell des Karthäuserhofes in der Mitte des 17. Jhdts. kann man hier finden.
Dominikanerkloster in Frankfurt am Main Stich von M. Merian 1628 aus „Vogelschauplan von Frankfurt am Main“. Links vom oberen Turm die Klosterkirche mit Kreuzgang und Garten, in der unteren rechten Ecke der Main.
Siegel des Mainzer Clarenklosters 1459
In der zugehörigen Urkunde verleihen Äbtissin Anna von Reiffenberg und der Konvent des Mainzer Klosters St. Clara Peter Friel d.J. und Flörsheimer Mitbürgern ihren Hof in Flörsheim und benannte Ländereien zur Erbpacht, wofür die Beständer eigene Liegenschaften zu Unterpfand setzen. HHStAW 104/45
Hochgarten des heutigen Karthäuser Hofes an der Hauptstraße, hier stand früher die Pacht- und Zehntscheune Aufnahme 2018
Doppelwandiges Kellergewölbe im Karthäuser Hof Aufnahme 2018